Dieses Buch hat mich in keiner Weise angesprochen. Ohne Buchclub hätte ich es nicht zu Ende gelesen.

 

 Obwohl auf dem Umschlag nur «Roman» steht, wird es vor dem Inhaltsverzeichnis und auch im Internet als «Historischen Roman» deklariert.

 

An historische Romane stelle ich einen höheren Anspruch als an simple Romane, deren erfundene Geschichte zB im Zürich Mitte 19Jh stattfindet.

 

Manchmal hatte ich das Gefühl, die Autorin habe beim Schreiben zwei Blätter vor sich gehabt:

 

  • Einige historische Begebenheiten von Zürich Mitte des 19 Jh auf einem Blatt (Stichworte) und
  • Den Plot ihrer Geschichte auf dem anderen

 Und dann hat sie das zusammengemixt.

 Einige historische Tatsachen/Begebenheiten werden in nur einem Satz erwähnt. Andere bekommen mehr Raum, jedoch keine Tiefe. Historisch sehr oberflächlich – leider.

 

Die Geschichte von Barbara und Emma scheint mir verklärt und mehr auf einem Wunschdenken als auf reale Möglichkeiten in dieser Zeit basierend. Ich meine damit nicht, dass diese Personen gelebt haben sollten. In einem historischen Roman sollte die Geschichte jedoch die Realität dieser Zeit widerspiegeln (auch wenn die Personen und Geschichte erfunden ist).

 

 Ein Beispiel unter mehreren: Als Emma psychiatrisch untersucht wird, wäre eine Einweisung in die Irrenanstalt zu dieser Zeit viel eher wahrscheinlich (Status Schwiegereltern, keine Unterstützung Ehemann, kein eigener Sozialer / Finanzieller Status und Beispiele von z.B. Emilie Kempin Spyri (*1853) und Lydia Welti-Escher (*1858) welche 20+ Jahre später dort gelandet sind).

 Ich habe einige geschichtliche Begebenheiten selbst im Internet nachgelesen (z.B. Zucht- und Waisenhaus Oetenbach, vormals Kloster Oetenbach, Örtlichkeit heutiges Parkhaus Urania und Züriputsch Sep 1939 auf dem heutigen Paradeplatz).

 

 Wenn man jedoch keine historischen Ansprüche hat und einfach eine Geschichte im früheren Zürich lesen möchte, dann ist dieses Buch so leicht zu lesen wie andere Romane der Trivialliteratur (nicht wertend).

 

Wenn man einen Roman liest, welcher in einer Stadt spielt, die man gut kennt, dann ist man manchmal auch viel «grosszügiger».

 

Eine Karte von Zürich zu dieser Zeit wäre auch gut gewesen ... im Umschlag oder in der Mitte des Buches

 

Nachtrag: mittlerweile habe ich festgestellt, dass zB die Bücher von Milena Moser und anderen (zB Ementaler und Nostrano) als “dokumentarische Romane” bezeichnet werden … früher “historische Romane” …. Evtl habe ich falsche Ansprüche an dieses Buch…

 

G.M. 1

 

 

Mir gefällt der Schreibstil von Hanna Steinegger gut und es liest sich sehr flüssig. Sie nimmt mich gleich von Anfang an mit auf eine spannende Reise in die Vergangenheit mit alten Ausdrücken und Dialektwörtern. Ich habe nicht den Anspruch, dass es hohe Literatur oder historisch richtig sein muss, es ist ein Roman, da ist alles möglich. Am Anfang recht traurig, düster und beklemmend, mit richtig tiefbösen Menschen, man kann es fast nicht glauben. Mit der Tochter der eigenen Schwester so umzugehen.

 

Wie sich doch vieles in den letzten 200 Jahren extrem verändert hat in der Schweiz, in Zürich meiner Geburtsstadt, wo ich lange lebte und arbeitete. Das ist für mich immer interessant zu lesen, wie es damals war, man kennt die Gassen und Plätze. Habe aber nichts nachrecherchiert.

 

Eigentlich hätte ich «Die Frauen vom Zieblingerhaus» in einem Schnurz lesen können, aber dann hätte ich Freinacht machen müssen.

 

 

R. K. 4

 

 

Ein Plus des Buches ist das Aufzeigen der Lebensbedingungen in der Mitte des 19. Jahrhunderts in und um Zürich. Es wird ersichtlich, wie arm ein grosser Teil der Gesellschaft zu dieser Zeit war, wie einfach und bedürftig in dieser Gesellschaftsschicht die Lebensgrundlagen -und Verhältnisse waren. Anderseits gab es (wie heute) die Superreichen, denen es an nichts mangelte. Dass die soziale Schere vor weniger als 200 Jahren so weit auseinanderklaffte, viele Menschen in grösster Armut buchstäblich täglich ums Überleben kämpfen mussten, ist für uns heute fast undenkbar.

 

 

 

Vieles an der Geschichte mutet allerdings (für mich) sehr unwahrscheinlich und wundersam an. Zudem sind die Charaktere unrealistisch eindimensional gezeichnet: die Trennlinie zwischen gut und bös ist so scharf, wie es in der Realität nicht (oder selten) vorkommt.

 

So stelle ich mir einen billigen «Dreigroschenroman» alla Hedwig Courths- Mahler vor.

 

 

E.A. 2

 

 

Eine spannende Geschichte – leicht lesbar mit einer übersichtlichen Struktur und leicht überblickbaren Akteurinnen. Interessante Einblicke in das Leben der Zeit der industriellen Revolution in und um Zürich und dies auf den unterschiedlichsten gesellschaftlichen Stufen.

 

Die Charaktere der Personen sind für mich sehr eindimensional und die Geschichte recht konstruiert, oft kitschig. Der Schluss franst etwas aus. Manchmal hätte ich mir lieber eine Geschichte statt einer Berichterstattung (wie beim Uster Aufstand) gewünscht.

 

E.P. 4

 

 

 

Kommentare: 3
  • #3

    Martin (Mittwoch, 13 April 2022 10:17)

    Ein unterhaltsames und lesenswertes Buch. Mit seinen Historischem Hintergrund, welcher nur gestreift wird, es hätte ein wenig mehr aus dieser Zeit geschrieben werden können, hätte es noch etwas mehr Tiefgang.
    Es ist sehr emotional geschrieben und stellt die Personen gut dar. Es war eine Zeit, wo die Frauen klar definierte Aufgaben ausführen durften.
    Der Schluss ist sehr stark schönfärberisch für diese Zeit, schon fast kitschig.

  • #2

    s.w. (Dienstag, 12 April 2022 19:02)

    Mir gefiel das Buch sehr gut.
    Ich kann mir gut vorstellen, wie es jemanden ergangen ist, wenn Frau vor ca. 180 Jahren Witwe wurde und arm war.
    Da ich die Gegend von Uster, Stäfa, Wädenswil und Horgen sehr gut kenne, kann ich mir gut vorstellen, wo sie mit ihrem Kind durch gewandert ist.
    Ein schöner Geschichtsroman. Man lernt einiges. Ich kann mir das Wachsen der Stadt Zürich gut vorstellen.

  • #1

    Claudia (Dienstag, 12 April 2022 14:48)

    Ich habe diesen Roman auch sehr gerne gelesen. Sehr süffig zum lesen und bleibt bis am Schluss spannend. Klar an einigen stellen ist die Geschichte kitschig aber das hat mich überhaupt nicht gestört.