Story

 

Der Erzähler – ein offenbar bekannter Schriftsteller – wird für eine Woche als „Ersatzlehrer an eine Privatschule gebucht. Dort soll er mit einer fast Klasse von fast Volljährigen eine Projektwoche „Eigene Texte“ durchführen. Rasch wird klar, dass die Geschichten in der Geschichte das effektive Interesse wecken und erschien mir auf den ersten Seiten eher ermüdend. Das Hautthema ist dann aber der Umgang von Migranten aus der Türkei in den wohlgelobten Westen (Schweiz) und den Umgang mit Homosexualität vor dem muslimischen Hintergrund. Die Gastfreundschaft des Kebab-Besitzers Safir und seine Leidensgeschichte sind die Hauptstory. Von den Schülerarbeiten kommt nur der angefangene Krimi (prominent) eines Mädchens und die kurzen literarischen angedeuteten Höhenflüge eines Jungen vollständig vor; diese beiden waren offenbar zuvor einige Tage zusammen und führen nun einen Machtkampf vor der Klasse auf. Von den weiteren Arbeiten sind erfrischend wenige und oft nur ansatzweise festgehalten.

 

Nachanfänglicher Mühe komme ich mit dem gewählten Rahmen immer besser zurecht und finde seinen Abschluss brillant. Sein einzig erkennbarer Anspruch an die Schülerarbeiten – die Genauigkeit und Authentizität – ist für mich im Setup der Story nicht gegeben: Für eine Projektwoche fehlen mir jegliche didaktischen und pädagogischen Ansätze – so würden 9 von 10 „Hilfslehrer“ Schiffbruch erleiden und die meisten, wie offenbar auch sein Vorgänger – die Projektwoche nicht abschliessen.

 

 

Sprache

 

Leicht zu lesen – selten auch mit nicht „fertigen“ Sätzen. Die Sprache am Kebab Stand („mit ohne Zwiebeln“) und auch im Umgang mit dem Internet gut getroffen für unsere Zeit.

 

 

Beziehungen

 

Der Erzähler gibt von sich wenig preis, wird aber von verschiedenen Personen auch mit vertraulichen Lebensgeschichten „bedient“, was Safir denn auch zur abschliessenden Bitte veranlasst, dass wenn er seine Geschichte schreibt, dies bitt nicht Im Zusammenhang mit Safir sondern in seinem eigenen Namen schreiben sollte; was er ja ironischerweise, da ja offensichtlich nicht authentisch, nicht tut: ist es etwa autobiografisch?

 

 

Autor

 

Schweizer mit anatolischem Migrationshintergrund. Was mich erstaunt, ist die muslimische Denkensweise aus einem ganz früher urchristlichen Gebiet. Yesilöz ist im Kanton Zürich ein gefeierter Schriftsteller mit multikulti Background. Sein Buch „Hochzeitsflug“ findet auch in der Hautstory sein kurzes Revival.

 

 

Kommentare: 1
  • #1

    Elsbeth (Sonntag, 23 Juni 2019 13:29)

    Das Buch gibt einen Einblick in die türkische/muslimische Kultur/Denkweise speziell in Bezug Homosexualität. Der Autor ist sympathisch, erzählt die Geschichte empathisch, beschreibt die Figuren liebevoll. Das hat mit gefallen.
    Der Erzählstrang über den Autor, der mit einer Klasse eine Projektwoche zum Thema Schreiben führt hat mich weniger überzeugt und war für mich nicht wirklich nahvollziehbar.