Story

 

Baba Dunja, die nicht mehr 82jährige, hat vor einigen Jahren beschlossen, in ihr Heimatort Tschernowo, nahe dem ehemaligen Reaktor von Tschernobyl zurückzukehren – trotz offiziellem Verbot. Ein paar weitere ehemalige Bewohner folgen ihr. Im Dorf herrscht vorwiegend Selbstversorgung und ein insgesamt zufriedenes Leben. Dem Nachbarhahn dreht Dunja den Hals um, mit mehr oder weniger Einverständnis der Besitzerin und macht daraus eine gute Suppe. Von ihrer Tochter, die sie in Deutschland verheiratet glaubt, erhält sie immer wieder Pakete mit Briefen und Fotos ihrer Enkelin, sowie nützlichen Dingen, wie guten Sandalen. Einmal erhält sie gar einen Brief der Enkelin, kann ihn aber nicht lesen, da er vermutlich auf Englisch geschrieben ist Ein Dorfbewohner macht ihr dann einen Heiratsantrag, auf den sie aber nicht eingeht. Ihre grosse Liebe scheint sie für die Enkelin, die sie nie gesehen hat, zu verspüren.

 

Als ein Fremder mit seiner Tochter in der Todeszone erscheint, wird er sofort durchschaut, dass er eher die Tochter verstrahlen, als den Lebensabend mit den Bewohnern verbringen will. Als Dunja ihn zur Rede stellt, wird er mit einer Axt im Kopf tödlich getroffen. Während der Hochzeit der Nachbarin mit dem „Dorf-Freier“ erscheint die Miliz und nimmt das Dorf wegen Mordes fest. Baba Dunja meldet sich schliesslich an der Verhandlung als Täterin und wird verurteilt. Im Gefängnis erleidet sie einen Schlaganfall und da kommt erstmals ihre Tochter zurück. Sie berichtet von ihrer Tochter, dass sie früh in Alkoholprobleme gekommen sei und sie verlassen habe. Der Brief scheint dies zu bestätigen, aber auch dass die Enkelin nur ihre nie gesehene Grossmutter liebte.

 

Schliesslich wird Baba Dunja vom Präsidenten begnadigt und der Anwalt will sie auf den Flughafen nach Deutschland bringen, aber sie will zurück nach Tschernowo.

 

 

Autorin

 

Alina Bronsky ist in Russland geboren und lebt seit der Wende in Deutschland. Das Spannungsverhältnis Deutschland zur ländlichen UdSSR (heute Ukraine) erscheint mir sehr authentisch.

 

 

Sprache

 

Gefällige Sprache, manchmal recht deftig. Hübsche Details, wie das Brautkostüm (Nachthemd mit einem Vorhang als Schleier und Wiesenblumen). Spannend finde ich auch die Verbindung der inneren und der äusseren Welt: Der verstorbene Mann und auch der gegessene Hahn kommen auch immer wieder vor.

 

 

Was hat mich bewegt

 

-          Was war nun die letzte Liebe von Baba Dunja? War es der Freier oder die unbekannte Enkelin? Im letzteren Fall wäre ein Titel die vergebene Liebe oder die unbekannte Liebe fast sinnvoller.

 

-          Die Selbstbestimmung im Alter (bin ja auch keine 82 mehr) ist beeindruckend: lieber ein Tag weniger aber mit Freude leben.

 

-          Das Lebensfazit ist aber eigentlich sehr tragisch: die hat eine Tochter, die sie (zu) streng erzogen hatte und die diesen Fehler auch gleich weiter gegeben hat. Der Sohn in Amerika, der nichts mit Frauen anzufangen wusste kommt fast nicht vor. Der Ehemann, der offenbar oft dem Alkohol zugetan war, spielte immer eine Rolle. Schliesslich die tragische Liebe zur Enkelin.

 

 

Kommentare: 1
  • #1

    Claudia (Dienstag, 07 Mai 2019 14:24)

    Ich bewundere Baba Dunja wie sie ihr trauriges Schicksal mit viel Mut annimmt. Mit einigen übrig gebliebenen Dorfbewohner trotzen sie dem Rest der Welt und der Katastrophe die ihr Dorf heimgesucht hat. Eine einfühlsame Geschichte über Verlust Wiederaufbau und die bedingungslose Liebe einer Mutter! Sehr empfehlenswert!